II. Grammatik


II.1. Vorbemerkung
Die clalische Sprache bildet ihre syntaktischen Beziehungen großteils durch Hilfswörter und Wortstellung (analytischer Sprachbau), weshalb sie eine sehr eingeschränkte Morphologie aufweist. Meistens handelt es sich hierbei sogar um Kompositionsmorpheme (so etwa bei dem Kollektivsuffix -lan), so daß wir diese hier zusammen mit den im weitesten Sinne als "Flexionsmorpheme" zu bezeichnenden Elementen des Clalia abhandeln. Dazu stellen wir auch die für die Syntax wichtigen Partikel, so daß sich als Grammatik eigentlich ein Überblick über die Wortarten ergibt. Im dritten Teil der Darstellung gehen wir dann genauer auf die Syntax ein.


II.2. Substantive
Das clalische Substantiv kennt weder einen Numerus, noch ein eigentliches Genus. Es kann jedoch durch Suffixe erweitert werden, die den semantischen Gehalt des Wortes modifizieren.
Zuerst zu den Numerus-artigen Morphemen:
Während der Plural im Satz nur durch Beifügung eines Zahlworts angedeutet werden kann, wodurch das Substantiv selbst nicht verändert wird (z.B.: tyr arx, drei Löwen; wièx quryns, sechs Säbel), bezeichnet der Suffix -lan ein Kollektivum d.h. eine als Einheit gedachte Vielheit von Gegenständen oder Abstrakta. Z.B.: arxlan: die Löwen, Löwen als Tierklasse, alle Löwen, etc.; gamlan: die Menschheit, der Mensch allgemein, zu gam (Mann, Mensch). Eine unbestimmte Anzahl (Indefinitsuffix) von Gegenständen, Personen, etc. (allerdings immer mehr als einer!) wird durch den Suffix -vi (
-fi nach Konsonanten) bezeichnet; z.B.: jydmerfi: mehrere Krieger, irgendwelche Krieger; arxfi: irgendwelche Löwen.
Als das genus spezifizierende Suffixe dienen Bezeichnungen für maskuline und feminine Nomina Agentis: -mer (lautliche Variante
-wer nach Vokalen) für maskuline, -wan (lautliche Variante: -fan nach Konsonanten) und -wan (lautliche Variante: -fan nach Konsonanten) für feminine Nomina Agentis bzw. weibliche Tiere. Z.B.: jydmer: der Krieger, zu jyde (kämpfen), canfan: die Verführerin, zu canse* (verführen), shuwan: die Näherin, zu shu'e (nähen), afa: die Stute, zu av (das Pferd).

* Das <s> von canse geht im Suffix auf.

II.3. Adjektive und Adverbien
Das Adjektiv kennt überhaupt keine Morphologie und kann auch nicht durch Kollektiv- oder Indefinitsuffixe verändert werden. Es steht einfach hinter dem Substantiv, das es modifiziert; z.B.: jydmer barte, der tapfere Krieger.
Die Steigerung von Adjektiven kennt zwei Formen: mit dem Partikel far im direkten Vergleich (X ist größer etc. als Y) und durch das Partikel mal im Komparativ und Superlativ als attributive Erweiterung eines Substantivs (siehe Syntax); z.B.: men, klein: men mal, kleiner, men mal mal, am kleinsten.
Das Adjektiv steht auch in Adverbfunktion hinter dem Verb; z.B.: cent'tu saln: er singt schön, cent'tu saln mal mal: er singt am schönsten/sehr schön.

II.4. Pronomen und Partikel:


II.4.1. Personalpronomen
Das clalische Personalpronomen unterscheidet zwei Formen: eigenständige Pronomen (die normalerweise als Objekte im Satz auftreten) und enklitische Pronomen (die als Subjekt zum Verb auftreten):

 eigents.  enkl.     eigenst. enkl.
 1. Pers.

 na

'na

   4. Pers.

gav

'ga

 2. Pers.

maj

'we

   5. Pers.

sha

'ha

 3. Pers.

tu

'te

   6. Pers.

tur

'tu

Die enklitischen Personalpronomen können durch Moduspartikel erweitert werden (siehe dazu beim Verb).


II.4.2. Possessivpronomen
Die Possessivpronomen besitzen nur eine Form, egal ob sie als Subjekt oder Objekt auftreten. Sie kommen allerdings recht selten vor, da sie erst bei Satzgefügen höherer Ordnung stehen. Dazu kommt nämlich das Possessivpartikel fa, das bei Fällen possessiver Erweiterung eines Substantivs steht (siehe dazu im Syntaxteil).
Die Possessiva sind:

1. Pers. nau   4. Pers. gawu
2. Pers. maju   5. Pers. shau
3. Pers. ty   6. Pers. turu

II.4.3. Demonstrativpronomen und -partikel
Als eigentliches Demonstrativum (d.h. als nur in dieser Funktion vorkommend) besitzt das Clalia allein das Demonstrativum gal (jener), das als Subjekt und Objekt auftreten kann, im Satzgefüge allerdings nur im Unterschied zum Demonstrativpartikel ta auftritt, sofern dies entweder direkt auftaucht oder zumindest bereits einmal genannt worden ist. In der gesprochenen Sprache ist es allerdings häufiger als im Schriftclalia oder im Heldengesang. Das bereits erwähnte Partikel ta steht ebenfalls in Subjekts- oder Objektsfunktion, ist hierbei allerdings stärker in Bezug auf das Prädikat definiert, als in Bezug auf Substantive (siehe Syntax). Beide, gal und ta, erfüllen anaphorische Funktion.

II.4.4. Interrogativpronomen
Das Interrogativum wi? (wer?, was?) wird sowohl in Subjektsfunktion, als auch in Verbindung mit Präpositionen bzw. alleinstehend in Objektsfunktion verwendet.


II.4.5. Relativpartikel
Das Relativpartikel ja steht in enger Verbindung zum Demonstrativpartikel ta, da beide in Bezug auf das Satzganze in komplementärer Distribution auftreten. Sie können aber in bestimmten Umständen auch beide zusammen vorkommen (siehe Syntaxteil).

II.4.6. Indefinitpartikel
Das bereits bei den Substantiven auftretende Suffix -vi kann sich auch mit anderen Partikeln zu Indefinitpronomen verbinden. Beispiele: tavi, irgendeiner (ta + -vi); revi, irgendetwas (re, Ding, Sache + -vi); wevi, niemand (we + -vi) etc.
Dazu kommt das Verneinungspartikel we als Indefinitum mit der Bedeutung 'kein, keiner' etc.


II.5. Numeralia
Wie die Substantive, so sind auch die Numeralia unbestimmt in Bezug auf Genus und Numerus, obwohl alle Zahlen bis auf 1 (eins) natürlich semantisch als Plurale anzusehen sind.

 1 uf 6 wièx 11  dàcuf  16 dàfièx 21 uf gidac
2 su 7 haft 12 daxu 17 daxaft 22 su gidac, etc.
3 tyr 8 suven 13 dàctyr 18 dàcact 30 tredac
4 wàt 9 naf 14 dàcfat 19 dàcnaf 40 wàttac
5 fag 10 suwen 15 dàccag 20 gidac 50 fadac

 60 wièdàc  200 su caut
70 haftàc 201 uf su caut
80 àctàc 202 su su caut, etc.
90 nafdàc  300 tyr caut
100 caut 1000 gal

II.5.1. Kardinalia

 1. pruna/ufna 6. wièxna 11. dàcufna
2. suna 7. haftna 12. daxuna
3. tyrna 8. suvenna 20. gidàcna
4. wàtna 9. nafna 21. ufna gidàcna
5. fàcna 10. suwenna 22. suna gidàcna
 100. cautna 200. su cautna, etc.  

II.6. Verben
Im Unterschied zu den anderen Wortarten ist das clalische Verb dasjenige Sprachelement, das noch am meisten "Morphologie" aufweist. Daran läßt sich auch die wichtige Rolle des Prädikats für das Clalia ablesen: Es ist dasjenige Element, an dem sich die ganze Syntax orientiert; es steht normalerweise am Anfang des Satzes und seine Positionsveränderung zieht die Umgestaltung des ganzen Satzes nach sich.
Allgemein unterscheidet das clalische Verb zwei Genera Verbi (Aktiv, "Passiv"), fünf Modi (Indikativ, Konjunktiv, Imperativ, Optativ, Intentionalis) und drei Tempora (Präsens, Präteritum, Finitiv*).

* Der Finitiv, der hier zu den Tempora gezählt wird, ist eher dem Aspektbereich zuzuordnen, da er eine Handlung im Gegensatz zu den als progressiv aufgefaßten Tempora als abgeschlossen kennzeichnet. Da er aber dennoch zur Strukturierung zeitlicher Vorgänge verwendet wird,. haben wir ihn unter die Tempora eingeordnet.

II.6.1. Die Bildung der einzelnen Formen
Im Präsens verbinden sich die unter II.4.1 aufgeführten enklitischen Personalpronomen mit dem Verb, wobei die Endung auf -e entfällt; z.B.: cràte (willkommen heißen)
Þ cràt'na (ich heiße willkommen). Dazu ist zuerst anzumerken, daß diese Endung - neben ihrem Gebrauch als Zitierform - anzeigt, daß das Subjekt (das im Clalia als inhärentes Merkmal des Verbs angesehen wird - ähnlich wie in den flektierenden Sprachen) vor dem Verb steht (als Eigenname oder Substantiv). Man kann die Endung also in etwa als "neutrale" Subjektsendung bezeichnen; es kennzeichnet aber hier eigentlich das Fehlen eines Personalpronomens und kann insofern auch "Leermorphem" genannt werden. Weiter dient diese Endung zur Bildung des Verbalsubstantivs sowie des "Passivs" und ist auch in Verbderivaten (von Verben abgeleitete Substantive) vorhanden.
Zur Bildung von Intentionalis und Konjunktiv kann die Personalendung noch durch
Moduspartikel erweitert werden. Dabei ergeben sich für den Intentionalis die Endungen:

 1. Pers. -'ina 4. Pers. -'iha
2. Pers. -'ime 5. Pers. -'iha
3. Pers. -'ite 6. Pers. -'itu

Für den Konjunktiv:


 1. Pers. -'ana 4. Pers. -'aha
2. Pers. -'ame 5. Pers. -'aha
3. Pers. -'ate 6. Pers. -'atu*

* Das <a> (selbstverständlich auch das <i>)steht als eigenständige Silbe und wandelt sich deshalb nicht zu <à>. Daran läßt sich erkennen, daß das Clalia keine echte Flexion besitzt; die Elemente sind zwar enklitisch angefügt, behalten aber ihre lautliche Eigenständigkeit.

Zur Bildung von Optativ und Finitiv werden Hilfsverben verwandt, denen das Vollverb in der Grundform beigeordnet ist. Hiermit befinden wir uns eigentlich schon im Bereich der Syntax (wie auch mit dem "Personalsuffix"), führen aber hier die ganze Formation auf.
Der Optativ wird mit dem Hilfsverb afe und Vollverb gebildet; z.B.: Af'te darwe san: Möge er gut schlafen; wörtlich: Er soll/möge gut schlafen.


Der Finitiv wird mit dem Hilfsverb tire und dem Vollverb gebildet; z.B.: Tir'te darwe: Er hat geschlafen; wörtlich: Er vollendet das Schlafen/ist fertig mit schlafen.


Zur Bildung des Präteritums tritt die Präposition fada zwischen die Kopula garte und das beigeordnete Vollverb; z.B.: Gart'te fada darwe: er schlief; wörtl.: Er ist nach dem Schlafen.
Die Kopula garte bildet kein eigentliches Prästeritum, sondern nur ein Finitiv Präsens; z.B.: Tir'te garte sàllmer barte: Er war ein tapferer Krieger. Dazu kommt ein Finitiv Präteritum, das aber nur eine in Bezug auf die Gegenwart abgeschlossene Phase bezeichnet; z.B.: Tir'te fada garte sàllmer barte: Er war (einmal) ein tapferer Krieger (das ist jetzt vorbei).


Fada kann natürlich auch beim Optativ und Konjunktiv stehen; z.B.: Af'te fada darwe san: Möge er gut geschlafen haben! Wörtl.: Möge er nach dem guten Schlafen sein! Oder: Gart'ate fada darwe: Es kann sein, daß er schlief. Wörtlich: Er kann nach dem Schlafen sein.
Ebenso kann die Personalendung des Konjunktivs natürlich beim Finitiv-Hilfsverb stehen: Tir'ate darwe: Vielleicht hat er ausgeschlafen. Oder: Tir'ate fada darwe: Vielleicht hatte er ausgeschlafen.
Der Imperativ kennt nur eine Form für Singular und Plural und wird mit der reinen Verbform (ohne -e) ausgedrückt. Halbvokale werden hier entweder zu zweiten Gliedern von Diphtongen, sie entfallen ganz, oder werden zu Konsonanten. Beispiele: darwe
Þ darf! (Schlaf/t!); fije Þ fi! (Schreib/t!); fraje Þ fraj! (Bezahle!/Bezahlt!).


Das, was man als clalisches "Passiv" bezeichnen könnte, ist im Grunde genommen nur die Kombination aus der Objektform des entsprechenden Personalpronomens und der unpersönlichen Verbendung. Beispiele: Lave tu: Er wird verstanden (wörtl.: Man versteht ihn); Wale xit: Die Siedlung wird gebaut. Die Wortstellung im Passiv ist relativ fest.

II.6.2. Gebrauch der Formen
Wie bereits oben angemerkt drückt das reine Tempus eine im Verlauf befindliche Handlung aus. Also z.B.: ad'na (ich esse gerade), darf'te (er schläft gerade). Der
Finitiv bezeichnet eine beendete Handlung, wobei beim Präsens die Handlung als gerade beendet aufgefaßt wird; z.B.: Tir'te darwe: Er hat geschlafen (und ist jetzt wach). In Verbindung mit der Präposition fada handelt es sich um eine Handlung, die in der Vergangenheit abgeschlossen wurde. Also z.B.: Tir'te fada darwe: Er hatte geschlafen.
In Verbindung mit einer zweiten Handlung im Präsens dient der Finitiv auch zur Kennzeichnung aufeinander folgender Handlungen; z.B.: Tir'te gar fada darwe, fad gar'te fada wine fa lyver: Er hatte (bereits) ausgeschlafen, als sein Freund kam. Wörtlich heißt das ungefähr: Er ist bereits nach dem Schlafen gewesen, als sein Freund nach dem Kommen gewesen ist. Oder: Win'na, wed na tir'na mune: Ich komme, sobald/wenn ich mich gewaschen habe (wörtl. , sobald ich fertig bin mich zu waschen).


Die Modusformen (abgesehen vom Indikativ) haben folgende Bedeutung:
Der
Konjunktiv dient dem Ausdruck einer Vermutung oder einer Möglichkeit; z.B.: Darf'ate: es kann sein, daß er schläft; Ich vermute, daß er schläft, etc. Natürlich kann es auch negativ gemeint sein: We darf'ate: Er schläft wohl nicht/Ich glaube nicht, daß er schläft. Ferner steht er in Nebensätzen nach Konjunktionen wie 'damit', 'wie' etc.
Der
Optativ dient dem Ausdruck eines Wunsches oder indirekten Verbotes: Af'te darwe: Er möge schlafen! bzw. We af'te darwe: Er soll/darf nicht schlafen. Für direkte Verbote wird der Imperativ verwendet: We darf! (Schlaf nicht!).
Der
Intentionalis drückt eine Absicht aus: Darw'ine: Ich habe vor zu schlafen/möchte schlafen/will schlafen etc.
Wegen dieser modalen Bedeutung kann der Intentionalis auch zum Ausdruck eines Futur dienen: Darw'ite: Er will/wird schlafen. Der Intentionalis kann auch zum Präteritum (z.B.: Gart'ina fada darwe: Ich wollte schlafen), Finitiv (z.B.: Tir'ite darwe: Er wollte geschlafen haben) und Optativ treten (z.B.: Af'ite darwe: Möge er schlafen wollen!/Wenn er doch endlich schlafen wollte!).
Konjunktiv und Intentionalis zusammen lassen sich nur periphrastisch ausdrücken; z.B.: Man'na, darw'ite: Ich denke/glaube, daß er schlafen will (für: Er wird wohl schlafen wollen).

II.7. Präpositionen, Konjunktionen und weitere Partikel
II.7.1. Präpositionen
af (auf - zu, hin); ant (bis); at (hinein - in); cut (mit); du (in, an); ed (von); ef (weg - von, heraus): ent (gegenüber); fada (nach [zeitl.]); fahe (hinter, zurück); fe (auf); fir (hindurch, durch); fraç (gegen); fri (vor); ge (unter); gu (bei, nahe bei); han (neben); iv (vorbei an); jèx (aus, von - her); màt (zwischen); ne (hinaus; über - hinaus); qam (durch, mit [instr.]); tar (für); yd (über).


II.7.2. Konjunktionen
dan (solange bis); dana (solange als); ec (denn, weil); (auch); erf (aber); et (oder); fad (als); fada (nachdem); fase (während); qe (und); qeja (obgleich. obwohl); ti (daß, damit); tin (daß nicht); wed (wenn, falls, sobald); weda (wenn nicht).


II.7.3. Weitere Partikel
ain (Partikel abhängiger Fragesätze); an (nominale Erweiterung); anu? (Frage-einleitendes Partikel); fa (Possessiv-Partikel); fada (Präteritum-Partikel); far (Vergleichspartikel); we (nicht, nein; Negationspartikel); ca/ça/na (Attributspartikel in Relativsätzen).