III. Syntax
Ausgehend von der Grundwortstellung des clalischen Satzes werden
wir im Folgenden die prinzipiellen Möglichkeiten des Satzbaues
im Clalia erörtern. Als Hauptprinzip gilt dabei, daß
das Informationszentrum des Satzes - das, was besonders
betont werden soll (im Folgenden als "Fokus" bezeichnet)
- im Clalia am Anfang des Satzes steht.
III.1. Grundwortstellung und Modifikationen
Bei der Grundwortstellung steht das Prädikat mit dem
enklitischen Personalpronomen
am Anfang des Satzes und die anderen Gliedern reihen sich dahinter
auf: zuerst das direkte Objekt - das, woran die im Prädikat
codierte Handlung vollzogen wird - und danach eventuelle indirekte
Objekte; etwaige Ergänzungen zu den Objekten (Adjektive,
Attribute, etc.) stehen hinter diesen und werden teilweise durch
Partikel oder Präpositionen mit diesen verbunden. Z.B.: Da'na
(Prädikat) fyn (direktes Objekt) ferç
(indirektes Objekt): Ich gebe dem Vater den Becher. Ein Beispiel
mit einer Ergänzung des direkten Objekts: Ga'na fyn cut
gun ferç: Ich gebe dem Vater den Becher mit Wein. Steht
das Subjekt vor dem Prädikat, so steht bei diesem die Leerendung
-e; z.B.: Ferç da'e fyn na: Der Vater gibt mir den
Becher.
Soll ein anderer Satzteil als das Prädikat betont werden,
so steht dieses am Anfang des Satzes und wird vor dem Prädikat
durch ein Partikel wieder aufgenommen; wird das direkte Objekt
betont, so steht das Demonstrativpartikel ta vor dem Prädikat; soll das indirekte
Objekt betont werden, so steht das Relativpartikel ja.
Dieses hat hierbei immer Zweitstellung! Beispiele: Fyn ta da'na
ferç: Den Becher gebe ich dem Vater (wörtl.:
Den Becher, diesen gebe ich dem Vater). Ferç ja da'na
fyn: Dem Vater gebe ich den Becher (wört.: Der
Vater, welchem ich den Becher gebe). Soll das Subjekt Satzfokus
sein, so steht das unabhängige Personalpronomen am Anfang
des Satzes und die Grundform des Prädikats steht an zweiter
Stelle; z.B.: Na da'e fyn ferç: Ich gebe
dem Vater den Becher.
Hilfs- und Modalverben verändern diese Wortstellungsregeln
nicht; z.B.: Tir'na da'e fyn ferç: Ich habe dem
Vater den Becher gegeben. Fyn, ta tir'na da'e ferç:
Den Becher habe ich dem Vater gegeben. Gart'na fada da'e fyn:
Ich gab den Becher dem Vater, etc.
III.2. Direkte Fragesätze
Bevor wir zu den Erweiterungen der Satzglieder im Clalia übergehen,
ist zunächst noch etwas zu direkten Fragesätzen zu sagen.
Direkte Fragesätze sind Hauptsätze, die eine Frage beinhalten.
Man unterscheidet hierbei Wort-, Satz- und Doppelfragen. Während
Wortfragen durch Fragepronomen
eingeleitet werden (wer?, was?), steht am Anfang von Satz- und
Doppelfragen das Fragepartikel anu?. Bei allen Fragesätzen
nimmt das prädikat normalerweise Zweitstellung ein. Bei Betonung
eines anderen Satzgliedes steht dieses hinter dem Fragepartikel
und wird, wie in anderen Hauptsätzen, durch das Demonstrativ-
oder Relativpartikel wieder aufgenommen.
Beispiele: Wi treg'te sha?: Wer hilft euch? Anu treg'we
tu?: Hilfst du ihm? Anu gam* ta treg'we?: Diesem Mann
hilfst du?
In Doppelfragen wird das zweite Glied durch et eingeleitet;
z.B.: Anu treg'we tu et na?: Hilfst du ihm oder mir?
* Im obigen Satz wird gam im Clalia als direktes Objekt aufgefaßt, da das Verb trege (vertrauen) zweistellig ist. Wer (Subjekt) hilft wem (Objekt). Deshalb steht ta.
III.3. Nominale Erweiterungen (Beiordnung)
Subjekte und Objekte können durch andere Wörter (Substantive,
Adjektive) näher bestimmt werden (zu satzartigen Erweiterungen
siehe III.4.).
Beigeordnete Substantive bedürfen bestimmter Partikel, um
mit den Substantiven, die sie erweitern, verbunden zu werden.
Hierbei unterscheidet man attributive und possessive Erweiterungen:
Attributive
Erweiterungen werden durch an,
possessive
Erweiterungen durch fa oder
ein Possessivpronomen mit ihrem Bezugswort verbunden. Beigeordnete
Adjektive stehen hinter dem Substantiv und brauchen keine Partikel
bei sich (z.B.: jydmer barte: der tapfere Krieger).
Attributive Erweiterungen sind Substantive, die entweder
eine Beziehung zwischen Substantiven herstellen oder die ein Substantiv
mit einem anderen Begriff näher bestimmen; z.B.: ahew
an ferç: der Wunsch des Vaters ("relationales
Attribut"); nau ferç, an fatmer: mein Vater,
der Herrscher (Apposition, "explikatives Attribut").
Die possessive Erweiterung drückt eine Beziehung zwischen
dem Subjekt und einem der Objekte aus; hierbei ist im Clalia zwischen
drei Fällen zu unterscheiden:
a) Possessive Übereinstimmung zwischen Subjekt und direktem
Objekt
z.B.: Ich verkaufe meine Schafe: Gins'na fa aunnat.
b) Possessive Übereinstimmung zwischen Subjekt und indirektem
Objekt
z.B.: Ich verkaufe die Schafe meines Vaters: Gins'na aunnat
fa ferç ed na.
c) Possessive Übereinstimmung zwischen Subjekt und Erweiterung
des indirekten Objekts
z.B.: Ich verkaufe die Schafe dem Vater meines Freundes: Gins'na
aunnat ferç nau lyver.
Soll in a) das Objekt betont werden, bzw. tritt eine possessive
Erweiterung auf, die nicht mit einer der handelnden Personen des
Satzes übereinstimmt (z.B.: Er verkauft meinem Vater
Schafe), so steht jeweils das volle Possessivpronomen; z.B.: Nau
aunnat ta gins'na bzw. Gins'te aunnat nau
ferç.
In dem Fall, daß eines der possessiv erweiterten Objekte
von b) oder c) betont werden soll, so steht fa ... ed;
z.B.: Aunnat ta gins'na fa ferç ed na bzw. Ferç
fa lyver ed na, ja gins'na aunnat.
Zu an kann auch eine Präposition treten; z.B.: Gart'na
fada fièxe gam an fe ras: Ich sah den Mann auf dem
Berg. Zu unterscheiden hiervon sind Fälle, in denen die Präpositionen
bei einem direkten Objekt steht! Z.B.: Gart'na fada fièxe
uf gam fe ras: Ich sah einen Mann auf dem Berg.
III.4. Gliedteilsätze
(Attribut)
Attributsätze sind Nebensätze mit der Funktion eines
Attributs. Man unterscheidet hierbei Relativ- und Konjunktionalsätze.
III.4.1.
Relativsätze
Je nachdem, ob das durch den Relativsatz erläuterte Satzteil
des Hauptsatzes selbst Subjekt oder Objekt des Gliedteilsatzes
ist, ergeben sich verschiedene Arten der Einleitung eines Satzes.
Die Wortstellung im Nebensatz ist die gleiche wie die im Hauptsatz.
Ist das durch einen Ergänzungssatz (Gliedteilsatz)
erläuterte Satzteil des Hauptsatzes selbst Subjekt des
Gliedteilsatzes, so wird der Relativsatz durch verschiedene
beiordnende Partikel eingeleitet, je nach Status des zu erläuternden
Satzteiles im Hauptsatz:
a) wird das Subjekt des Hauptsatzes näher erläutert,
so steht das Partikel ca (S [GS] = S [HS])
b) wird das direkte Objekt des Haupsatzes durch den Gliedteilsatz
bestimmt, so steht ça (S [GS] = dO [HS])
c) wird dagegen das indirekte Objekt im Gliedteilsatz näher
erläutert, so steht na (S [GS] = iO [HS]).
Beispiele:
(S [GS] = S [HS]): Gam, ca da'te fe ras, gart'te
nau ferç: Der Mann, der auf dem Berg steht, ist mein
Vater.
(S [GS] = dO [HS]): Gins'na aunnat, ça ut'tu
cair saln mal mal: Ich verkaufe die Schafe, die das beste
Fell haben.
(S [GS] = iO [HS]): Gins'na aunnat gam, na gif'te du
cyslan: Ich verkaufe die Schafe einem Mann, der in der Stadt
lebt.
Ist das zu erläuternde Satzteil des Hauptsatzes selbst Objekt
des Gliedteilsatzes, so wird dieser durch das Demonstrativ-
und dass Relativpartikel (in dieser Reihenfolge) eingeleitet;
z.B.: Gam, ta ja fièx'na fe ras, gart'te nau ferç:
Der Mann, den ich auf dem Berg sehe, ist mein Vater. Oder: Gam,
ta ja gins'na fa aunnat, gif'te du cyslan: Der Mann, dem ich
meine Schafe verkaufe, lebt in der Stadt.
Dabei spielt es keine Rolle, ob das zu erläuternde Satzteil
Subjekt oder Objekt des Hauptsatzes ist. Vgl. zu oben den Satz:
Bid'na gam, ta ja fa fràtmer aide: Ich vertraue
dem Mann, den meine Feinde hassen. Die Formation ta ja
kann auch nach Präpositionen stehen.
II.4.2. Konjunktionalsätze
Wie Relativsätze erläutern Konjunktionalsätze
in attributiver Funktion (funktional zu unterscheiden sind Gliedteilsätze,
die selbst Subjekt oder Objekt eines übergeordneten Satzes
sind; s.u.) Satzglieder des Hauptsatzes. Die häufigste einleitende
Konjunktion ist ti; z.B.: Gart'te fada da'e cansen na,
ti nau fràtmer tire fada wante fraç na: Er benachrichtigte
mich, daß meine Feinde mich verspottet hatten (wörtl.:
Er gab mir die Nachricht, daß...). Andere Konjunktionen
in dieser Funktion sind etwa fad, 'wie, als' (z.B.: Gart'te
fada da'e trigen, fad gad'ana fa sàllmer: Er gab mir
Ratschläge, wie ich meine Krieger führen könne).
II.5. Gliedsätze
Gliedsätze stellen entweder ein Satzglied eines übergeordneten
Satzes dar - als Subjekt oder sirektes Objekt des Hauptsatzes
- oder fungieren als Adverbialsatz zum Prädikat. Subjekt-
und Objektsätze werden durch ti (daß), wi (was,
wer, welcher, etc.), Frageadverbien (edfi: woher, duvi:
wo, revi: warum? etc.) und ain (ob) eingeleitet.
Adverbialsätze werden durch andere Konjunktionen eingeleitet.
Beispiele für Subjekt- und Objektsätze:
a) Wi were gana, ta gene nyb: Wer Liebe sucht, (der) jagt
Wolken.
b) Friec'te, ain win'ame tase: Er fragt, ob du heute kommst.
Revi cufte ta, we ges'na: Warum du das willst, weiß
ich nicht.
Wie an den obigen Beispielen erkenntlich, gilt im Gliedsatz die
Wortstellung modifizierter Hauptsätte; d.h. Hauptsätzen,
in denen das Prädikat an zweiter Stelle steht. Dabei nehmen
die einleitenden Worte die Erststellung ein. Platzhalterelemente,
wie ta im zweiten Satz sind im Clalia obligatorisch!
Als Sondertyp der durch ein Interrogativpronomen oder -adverb
eingeleiteten Gliedsätze, sind abhängige Fragesätze
zu betrachten. Sie sind notwendige Ergänzungen zu der durch
das Verb bezeichneten Handlung (der Frage) und stellen damit keine
Subjekt oder Objektsätze dar.
III.6. Konjunktivformen in Gliedsätzen
In abhängigen Fragesätzen und in Adverbialsätzen
steht die im Gliedsatz bezeichnete Handlung oft im Konjunktiv.
Während der Konjunktiv in abhängigen Fragsätzen
(sofern sie nicht "verkleidete" Befehle sind - dann
stehen sie nämlich im Intentionalis) obligatorisch ist, steht
er in Adverbialsätzen nun in den folgenden Fällen:
· in Finalsätzen nach ence (fürchten);
z.B.: Enc'na, ti win'ate: Ich fürchte, daß er
kommt (kom- men könnte)
· in Konsekutivsätzen nach negativen Ausdrücken;
z.B.: We garte mel gerb, ti ges'ate hàll: Nie- mand
ist so schlau, daß er alles wüßte.
· in Temporalsätzen in bestimmten Fällen
nach dan, dana; z.B.: Gen'itu tu, dan dant'ate
mal mal: Sie wollten ihn solange jagen, bis er ganz erschöpft
wäre.
· in Konditionalsätzen, wenn der durch den
Konditionalsatz bezeichnete Umstand offen ist; z.B.: Wed ta
ait'ate, àrr'te: Wenn du das glauben solltest, irrst
du.
· in Komparativsätzen nach wed; z.B.:
Fus'ga, wed gart'aha minlan: Ihr schämt euch, als
ob ihr Kinder wärt.
III.7. Die Wortstellung in Texten
Aus dem Umstand, daß im Clalia der Satzfokus immer am Anfang
steht, ergibt sich des öfteren der Fall, daß das Subjekt
bzw. Objekt hinter den Fokus zurücktritt; z.B.: Sàllmer
garte fada xafe rymer. Dicet saln ta tire garte: Der Krieger
vertrieb die Räuber. Das war eine gute Tat. Hier ist 'gute
Tat' an den Satzanfang gerückt.
Sollen das direkte oder indirekte Objekt im folgenden Satz Subjekt
sein, so werden sie dort durch die Demonstrativpronomen vertreten.
Und zwar steht hierbei ta für das direkte,
gal für das indirekte Objekt. Beispiele: Sàllmer
garte fada xafe rymer. Ta garte byhe at hell: Der Krieger
vertrieb die Räuber. Diese flohen in den Wald.
Oder: Sàllmer garte fada trege miger fraç rymer.
Gal garte fada gahese mal mal: Der Krieger half dem Jungen
gegen die Räuber. Dieser freute sich sehr (wörtl.: jener).