Die Gesellschaft der Fergiartuya

III. Die Gesellschaft des ersten fergiartischen Königreiches

In der Volkssage "Lâris atte hettan sottre Lussnasha" (erstmals niedergeschrieben im zweiten Jahrhundert v.M.) wird von einem König Lâris berichtet, der auf einer Jagd von einem Hirsch in eine silberne Stadt geführt wird. Dort trifft er an einem Brunnen, aus dem silberne Mondstrahlen fließen, auf sieben schöne Frauen. Von diesen wird er aufgefordert, die Schönste unter ihnen mit einem Zepter aus Elfenbein zu küren. In der Folge nehmen die sieben Frauen ihn jeweils auf einen kurzen Ausflug mit, bei dem er ihre Vorzüge kennenlernen soll und viele Abenteuer und Entdeckungen macht. Der arme König Lâris ist von jeder der Frauen so eingenommen, daß er keine unter ihnen bevorzugen mag. Als er schließlich seine sieben Reisen hinter sich hat und zur Kür schreiten soll, zerbricht er das Zepter kurzerhand und verspricht, jede der sieben Frauen zu heiraten. Der Mond, dessen Töchter die Frauen sind, errettet den König schließlich aus seiner peinlichen Lage und schlichtet die Einwände, welche seine sieben Töchter in der Folge einlegen. Am Ende heißt es nur lapidar, daß Lâris mit seinen sieben Ehefrauen an seinen Thron zurückkehrt "und ein so großer König war, wie man ihn unter den Strahlen des Mondes nur finden konnte".

Man hat diese Sage später häufig als Gründungslegende des ersten fergiartischen Königreiches gelesen. Mitunter wurden auch sieben Städte genannt, die unter dem Schutz je einer der Töchter des Mondes gestanden haben sollen. An bekannten Namen sind allerdings nur drei verzeichnet, nämlich Viargaka, Hakrivarg und Ketorimis. Auch weist nur eine der Töchter des Mondes dem Namen nach auf das System der sieben Tempel von Hakrivarg. Ihr Name lautet Launna und man hat diesen mit der Liebesgöttin
Lonna in Verbindung gebracht. Er könnte aber genauso gut auf eine "Volksgöttin" Lunna (zur Wurzel lud- oder lus-, das Volk) hinweisen.

Tatsächlich muß die städtische Entwicklung der Senimarga, wie das erste Königreich später genannt wurde, im vierten Jahrhundert noch am Anfang gestanden haben. Probegrabungen in Viargaka konnten bisher nur steinerne Gebäudereste aus dem dritten Jahrhundert finden. Davor dürften die Gebäude in der Entstehungszeit des ersten Königreiches hauptsächlich aus Holz oder Lehm bestanden haben. Einer der Schriftkundigen, die König Uspûdi ab 280 v.M. ins Land holte, der aus Pangora stammende Mokhephósos, hat uns in seinen Erinnerungen eine interessante Stadtbeschreibung von Viargaka geliefert. Er war wahrscheinlich im Jahre 275 v.M. in der Senimarga eingetroffen und wurde als Leiter des königlichen Schriftverkehrs angestellt. In dieser Funktion arbeitete er zunächst fünf Jahre, bis er zum Zweiten Kanzleiführer aufstieg. Diese Stelle bekleidete er die nächsten sechs Jahre, bevor er aus Altersgründen in seine Heimatstadt zurückkehrte. Dort verfaßte er dann seine "Erinnerungen an die Fremde".
Im Zusammenhang mit der Entstehungszeit der Senimarga sind seine Erinnerungen vor allem für Rückschlüsse wichtig. Er berichtet dort nämlich, daß

nur wenige Gebäude der Hauptstadt [...] aus Stein [waren]. Straßen kannte man überhaupt nicht. Streitwägen und andere Fahrzeuge, Mensch und Tier, suchten sich einfach einen Weg zwischen den Häusern und Lehmhütten. Unrat bedeckte den freien Boden, manchmal liefen einem Hühner zwischen die Beine, so daß man Acht geben mußte, nicht zu stolpern.


Insgesamt besehen schildert Mokhephósos eher ein größeres Dorf, das sich um den Palastkern herum gruppierte. Nun stammt sein Bericht aus einer Zeit, in der das Königreich noch keine hundert Jahre alt war. Daher kann man zunächst davon ausgehen, daß viele Siedlungen in der Entstehungsphase des Königreiches temporären Charakter hatten und daß dort, wo sich eine ständige Siedlung bildete, die Häuser zunächst eher kurzlebige Gebäude waren. Weiter berichtet Mokhephósos, daß ‚wie man mir erzählte, die Königsstadt noch keine fünfzig Jahre alt sein sollte.' Leider kam der Mann aus Pangora während seiner Zeit in der Senimarga nur selten über die Stadtgrenze von Viargaka hinaus, so daß wir von ihm wenig Aufschlüsse über andere Städte haben. Von ihm wissen wir aber zumindest, daß sich in der Gegend um die Hauptstadt herum nur Gehöfte befanden.
Wenn wir in seinen Berichten auch keine Nachrichten über andere Städte und Gegenden erhalten, so bieten die Erinnerungen doch zumindest das Bild eines aufstrebenden und dynamischen Volkes. In den elf Jahren seines Tätigkeit in der königlichen Kanzlei

[...] entwickelte sich die Stadt doch prächtig. Kurz vor meiner Ankunft hatte der König begonnen, das Gelände rings um den Palast zu erschließen. Aus Fundamenten westlich des Palastes erhob sich in nur zwei Jahren Bautätigkeit ein einfacher, aber edler Tempel an den höchsten der hiesigen Götter, Erma [Eramma]. Vor den Toren des Palastes, der damals noch ein einfaches, rechteckiges Gebilde mit hölzernem Dach war, entstand ein Platz aus Bruchstein, über den die Krieger des Königs stolzierten. Im dritten Jahr meiner Tätigkeit als Leiter des Schriftverkehrs ließ der König einige der Holzhäuser niederreißen, um Platz für eine befestigte Straße zu schaffen, die indes zuerst nur ein Stück Wegs am Palast vorbeiführte. Ohne zu klagen bauten die Bewohner ihre Häuser kurzerhand ein Stück weiter am Straßenrand wieder auf. Überhaupt muß ich zugeben, daß die Leute hier sehr fleißig sind. Ständig zogen neue Männer und Frauen in die Stadt und bauten sich ihre Hütten und Häuser, wo sie gerade Platz fanden. Wer es sich leisten konnte, nutzte Fundamente aus Stein und zog seine Wände aus Lehm zwischen Holzpfählen hoch. Doch gab es genügend Bewohner, die nur in Zelten hausten; einfache rechteckige Gebilde mit Bahnen aus Wolle und einem mäßig hohen, spitz zulaufenden Dach. Viele von ihnen blieben meist nur den Winter über in der Stadt und kehrten Sommers mit ihren Herden wieder aufs Land. Wenn der Handel auch noch wenig entwickelt war, so sorgten die Neuankömmlinge doch für eine Bereicherung, indem sie ihre Produkte aus Wolle und Tierhäuten als Tauschware nutzten. Geld war den Menschen zu dieser Zeit meist unbekannt, wenn auch der König Münzen aus seinem Schatz fertigen und ausgeben ließ
So einfach die Häuser, so anspruchslos waren die Menschen mit ihrer Kleidung. Die Männer trugen einfach geschnittene Hosen aus Leinen oder Wolle mit weiten Beinen und einfache langärmlige Hemden. Die Krieger banden sich die Hosen unten mit Spangen zu, damit sie nicht beim Kampf oder der Fahrt im Streitwagen behindert wurden. Die Frauen trugen meist einteilige Kleider mit einer einfachen rechteckigen Aussparung für den Kopf. Bestickte Kragen leisteten sich nur reiche Frauen. Dafür hielten die Frauen ihr langes Haar öfter mit gefärbten Wolltüchern zusammen. [...]
Als ich das Königreich verließ, waren noch viele dieser Züge anzutreffen. Dennoch hatte sich die Stadt ziemlich verändert. [...]


Mokhephósos berichtet indes wenig über die gesellschaftliche Gliederung in der Senimarga. Er scheint zudem ein wenig ein idealisiertes Bild einer bäuerlich-einfachen Gesellschaft zu zeichnen. Als Leiter des Schriftverkehrs hatte er jedoch häufig mit den Boten zu tun, die der König regelmäßig ins Land schickte, um mit den Stammesfürsten und Adligen zu kommunizieren. Die Berichte dieser schreibunkundigen Männer aufzuzeichnen, machte anfangs ein Großteil des "Schriftverkehrs" aus. Wir haben noch einige dieser Schriftstücke in Abschriften und Zitaten erhalten; allerdings nur soweit, als sie später den Verzeichnern für Gesetzestexte oder rechtliche Entscheidungen wichtig erschienen. Demnach scheint die Macht des Königs in der Anfangszeit noch wenig ausgeprägt gewesen zu sein. Neben dem König war zunächst der Rat der Familienoberhäupter, der "
Henêta", der alle Jahre in Viargaka zusammentraf, das wichtigste Gremium und der König vor allem für Kriegszüge und Streitigkeiten zuständig. Darüber hinaus hatten die Stammesfürsten und die Ältesten auf dem Land die Entscheidungsgewalt. Wenn die Familienoberhäupter im Henêta zusammenkamen, wurden meist Streitigkeiten zwischen den Stämmen besprochen und - wenn möglich - geschlichtet. Wie viele Mitglieder der Rat der Familienoberhäupter insgesamt gehabt hat, ist nicht feststellbar, zumal nicht immer alle von ihnen anwesend waren. Gesetze hat es in der Frühphase des Königreiches nicht gegeben, diese entstanden erst mit dem Aufbau der Kanzlei und der schriftlichen Aufzeichnung der Entschlüsse. Eine Steuererhebung im Reich scheint in dieser Zeit auch noch nicht stattgefunden haben. Der König war damals ja auch in erster Linie ein Stammesführer. Das Vermögen des Königs speiste sich daher zunächst vom Reichtum der eigenen Familie und in zweiter Linie von Abgaben, die der König von den Familien seines eigenen Stammes erhob.

Wir haben leider keine Informationen darüber, wie der Stammesführer der Erdulînu sich zum Herrscher über die drei (großen) Stämme der Senimarga aufgeschwungen hat. Allerdings ist die Festlegung der Stämme auf drei nicht ganz unproblematisch. Man geht nämlich normalerweise von einer Siedlungsverteilung aus, die aus der Zeit Meyapotinas stammt. Man kann aber aus den Schriftquellen der Kanzlei und der Häufigkeit der dort vertretenen Stammesnamen auf die Richtigkeit dieser Zuweisung schließen. Wenn man Siedlungsverschiebungen einmal unbeachtet läßt, kann man folgende Verteilung festhalten: Die
Erdulînu lebten demnach in der Gegend zwischen der Landbrücke im Norden, um Viargaka herum und bis zum nördlichen Südmeer im Westen, etwa bis Hakrivarg. Die Divasûni wohnten im Gebiet zwischen der Landbrücke und bis in den Egarsa. Der dritte Stamm, die Gusalante, besetzten im Norden ein Gebiet zwischen den anderen beiden Stämmen und dehnten sich südlich bis etwa zur Linie Ketorimis - Remayêka aus und waren hier auch bestimmend bei der Ausweitung der Reichsgrenzen in dieses Gebiet. Überhaupt scheint die Besiedlung der Senimarga bis zum zweiten Jahrhundert relativ friedfertig vorgegangen zu sein. Jedenfalls berichtet Mokhephósos über keinerlei Gefechte.

Zumindest scheint jedoch die "Machtergreifung" des Loinna der Erdulînu keine direkte Unterwerfung der anderen beiden Stämme beinhaltet zu haben. Es ist jedoch auch nichts darüber bekannt, ob beispielsweise eine Wahl - etwa über eine Versammlung der Stammesfürsten und der Ältesten - den Loinna der Erdulînu auf den Thron gehoben hat. Die Gelehrten gehen deshalb davon aus, daß der Fürst des zentralen Stammes aufgrund einer stillschweigenden Übereinkunft - vermutlich wegen seiner führerischen Fähigkeiten - die zentrale Rolle in der Verteidigung (Organisation, Koordination und Strategie) des Siedlungsgebietes und der Stämme übernahm, und er sich von dieser Stellung her im Laufe der historischen und sozio-politischen Entwicklung der Stämme weitere Kompetenzen aneignete.

An der Spitze der Hierarchie (Fürsten und Familienoberhäupter einmal beiseite gelassen) dürften die Krieger, die zumeist (jedenfalls in der Anfangszeit) auch noch Bauern und Viehzüchter waren, gestanden haben; darauf folgend die seßhaften Bauern und am untersten Ende - oder zumindest an der Peripherie - die umherziehenden Viehnomaden. Das heißt jedoch nicht unbedingt, daß diese Familien vom Ansehen her den letzten Platz einnahmen, zumal sie über die Größe ihrer Herden zu Ansehen und Reichtum gelangen konnten; vielmehr waren sie durch ihr Nomadentum für eine doch großteils seßhafte Bevölkerung wenig greifbar. Mit der Zeit, während sich die seßhafte Bevölkerung immer mehr organisierte, dürften sie diesen Fergiartuya allmählich immer suspekter geworden sein. Dennoch blieb immer ein geringer Prozentsatz der Fergiartuya dem Nomadentum verpflichtet, wie die immer wieder ansetzenden Versuche einer gesetzlichen Erfassung dieser Linttru ("Wanderer") genannten Familien zeigen. Wie aus dem Bericht Mokhephósos' zu folgen scheint, kehrten die Nomaden im Winter in den Städten ein, um dort ihre während der Wanderschaft erwirtschafteten und angefertigten Naturerzeugnisse gegen Produkte aus der Stadt zu tauschen. Bestandslisten in der Kanzlei verzeichnen manchmal über die Abgaben der Stadtbevölkerung und/oder der Stammesmitglieder in den Besitz des Loinna gelangte Wolle, Schafe und andere Erzeugnisse der Nomaden. Es hat darüber hinaus den Anschein, als ob das Einkehren der Nomaden in der Stadt des Fürsten in der Anfangszeit (soweit wir das über die Kanzlei wissen) noch ohne Mißfallen zugelassen wurde. Ja, mitunter wurden die Nomaden sogar angehalten, auf ihrer Reise Produkte aus der Stadt mitzunehmen. Vielleicht wurde auf diese Weise versucht, billig das Einzugsgebiet der Stadt für den Handel zu erweitern. Manchmal führten die Nomaden auch Direktiven des Fürsten mit sich oder wurden von den Boten des Königs begleitet. Auf diese Weise war der Bote vor Überfällen geschützt und die Nomaden konnten sich an die Idee eines Königs gewöhnen. Später entwickelte sich die Praxis, daß Handelskarawanen einen Teil des Wegs der Nomaden teilten. Mit der Entstehung und Ausweitung eines eigenständigen Handels und einer Händlerschicht wurden die regelmäßigen Besuche der Nomaden günstigstensfalls als zeitweise Bereicherung des städtischen Angebots und schlimmstenfalls als Ärgernis angesehen. Schon aus der Blütezeit der Senimarga sind Erlasse aus der Hauptstadt bekannt, welche versuchten die ankommenden Nomaden zur Niederlassung in den Außenbezirken der Stadt zu ermuntern. Später sind hier häufig lokale Märkte entstanden, an denen der Handel mit den Nomaden ablief. Allerdings dürften ihre Produkte mit der Entwicklung der städtischen und agrarischen Wirtschaft dem gewachsenen Qualitätsbedürfnis der Städter nicht mehr angemessen gewesen sein. In Notzeiten dagegen waren ihre Besuche - selbst wenn sie etwa Dürrezeiten in ähnlicher Weise wie die seßhafte Agrarbevölkerung betraf - durchaus willkommen. Allerdings waren es hier - vor allem in späteren Zeiten - eher die kleineren Städte, welche von ihrem Auftreten profitieren konnten.

Auf der anderen Seite kam es aber durchaus vor, daß diese Nomaden selbst seßhaft wurden. Solange ihre Niederlassung in den weniger erschlossenen Gebieten stattfand, wurde dies von der bereits seßhaften Bevölkerung - so sie es denn wahrnahm - begrüßt. Die administrative Erfassung der Neu-Seßhaften dauerte je nach Gebiet zwischen wenigen Monaten und einer Generation. So fand etwa die erste Kontaktaufnahme zwischen Satisanzia und den eigentlichen Fergiartu bereits kurz vor dem Tod Meyapotinas statt, als die zu dieser Zeit beginnenden Erfassungstouren königlicher Beamter eine Siedlung neu-ansässiger Nomadenfamilien an der Grenze zwischen Egarsa und Ahipassni antraf; diese Familien berichteten von Stämmen, die einen Dialekt der Hochsprache zu sprechen schienen. Erst im Jahre 30 n.M. kam es in der Schlacht von Katraknêta (Katrêta) zum nächstgrößeren Kontakt zwischen beiden Volksgruppen.

Im Gegensatz zu den weniger besiedelten Gebieten kam es mitunter zu Konflikten zwischen neu-ansässigen, bzw. nach Land suchenden und bereits länger seßhaften Familien. Im Jahre 145 v.M. wurden zum Beispiel in Ketorimis fünf männliche Bewohner eines Dorfes hingerichtet, die eine neu-ansässige Familie überfallen und fünf von sieben Hofbewohnern ermordet, sowie Haus und Hof verwüstet hatten. Den beiden Überlebenden, Mutter und Tochter, die beide vergewaltigt zurückgelassen worden waren, wies der Tempel von Ketorimis eine neue Wohnung in der Stadt an.

Nicht immer jedoch entschied die Administration zugunsten der schwächeren, weil erst zugezogenen Partei. Ein Gesetz aus dem Jahre 120 v.M. bemühte sich - wenn auch wahrscheinlich nicht immer erfolgreich - die Entscheidung in solchen Fällen unbeteiligten Richtern zuzuschlagen: "Wenn einer Familie, die früher umhergezogen und jetzt seit mindestens einer Erntezeit ansässig ist, ein Verbrechen zugefügt wird von Leuten, die in dieser Gegend seit mindestens einer Generation wohnhaft und den nächsten Behörden oder Fürsten bekannt sind, so soll ein Richter aus der nächsten Stadt sich des Falles annehmen und ein gerechtes Urteil sprechen. Ist dies nicht möglich, so soll der Fürst dieses Gebiets entscheiden. Schreiber sollen das Urteil in beiden Fällen festhalten." Und ein Zusatz aus der Zeit der Satisanzia ergänzt: "Dieses Urteil soll in Abschrift an die Kanzlei weitergeleitet werden; zum Verzeichnen oder zur Kontrolle."

In den Städten wird sich die gesellschaftliche Gliederung naturgemäß anders ausgeprägt haben. Zwar fanden sich auch hier - zumindest in den umliegenden Gebieten und am Stadtrand - agrarische Strukturen, doch mit steigendem Wachstum entwickelten sich Handel und Handwerk. In der Zeit, über die Mokhephósos berichtet, scheinen handwerkliche Tätigkeiten noch großteils von den Familien selbst ausgeführt worden zu sein. Ob der Tempel- und Straßenbau bzw.,. die Ausgestaltung des Palast-Vorplatzes von eigenständigen erdulînischen Handwerkern oder durch Fremde ausgeführt worden ist, läßt sich aus der Quellenlage nicht entscheiden. Es ist ja nicht klar, ob das handwerkliche und architektonische Wissen der fergiartischen Stämme zu dieser Zeit schon ausreichte, um den, unseres Wissens erst im zweiten Jahrhundert nach Meyapotinas Machtergreifung renovierten, Tempel Erammas oder den Vorhof des Palastes (zu dessen Fertigstellung ja zumindest fortgeschrittene Möglichkeiten und Fähigkeiten der Vermessungskunst vonnöten waren) zu bauen. Auch bleibt die Frage, wer denn den Palast gebaut hatte, ungeklärt. Man kann zumindest mit einiger Sicherheit vermuten, daß ein erfahrener Baumeister aus einer anderen Kultur (etwa von den Inseln der Magier) einem Bautrupp erdulînischer Handwerker vorgestanden hat, zumal die Verpflichtung und Einführung eines eingespielten Teams mit größeren Mühen einhergegangen sein würde. Wenn man sich dagegen Schriftgelehrte von den Inseln der Magier holen konnte, dann auch einen Baumeister. Die erste, von einem "Ausländer" gegründete Architektenschule entstand nach der Quellenlage erst im Jahre 225 v.M. Leider haben wir von diesem Baumeister aber weder den Namen noch irgendwelche schriftlichen Quellen; nur die Kanzlei verzeichnete den Beginn seiner Tätigkeit mit der Zuweisung eines Gebäudes nahe dem Stadtzentrum.

Mit der Zeit werden sich dann spezialisierte Handwerksbetriebe entwickelt haben, die private und öffentliche Bauaufträge annahmen und durchführten. Für die Hauptstadt verzeichnete die Kanzlei erstmals um 210 v.M. herum den ersten öffentlichen Bauauftrag an eine Handwerksfamilie. Dabei ging es um die Errichtung einer Markthalle im Stadtzentrum. Die Entwicklung des Handwerks dürfte historisch somit in der Zeit zwischen 280 und 200 v.M. anzusiedeln sein. Inwiefern fergiartische Architekten und Baumeister an dieser Entwicklung beteiligt waren, läßt sich schwer beurteilen. Allerdings dürfte die 225 gegründete Architektenschule dieser Entwicklung einen entscheidenden Schub gegeben haben. Jedenfalls wurde der Bau des
Tempels von Ketorimis bereits von einem fergiartischen Baumeister namens Patistûya geleitet. In Dokumenten aus dem ersten Jahrhundert v.M. werden bereits mehrere spezialisierte Handwerksberufe (Handwerker = Manttra) benannt: Moju (Schmiede), Dematriu (Maurer), Lînelu (Holzfäller), Yottru (Zimmerleute), Mengêtru (Töpfer), Skotalu (Schuhmacher und Gerber), Tossalu (Bäcker), Gesyêtru und Netre (Schneider und Näherinnen), Imporkalu (Färber), Gevêtru und Grattene (Woll- und Leinweber), sowie Lutre (Wäscherinnen). Wie diese Handwerker organisiert waren und ob sie organisiert waren, läßt sich erst für die Zeit zwischen 70 v.M. und der Thronbesteigung Meyapotinas feststellen. Anscheinend hat die Krisenzeit des ersten Königreiches die Bildung von Gilden und Zünften befördert. Dabei werden in der Frühzeit meist die Begriffe Sammuntat (Gemeinschaft) und Lisîza (durch eine Übereinkunft gebildete Gruppe) verwendet. Erst aus der Satisanzia ist der häufigere Begriff Sayosête (Zünfte, Singular: Sayosêta) bezeugt; hierbei handelt es sich um Gruppen von Handwerkern, die über eine eigene Satzung verfügen. Daneben gab es weiterhin Lisîza, wobei diese Vereinigungen im Gegensatz zu den Zünften keine Zugangsbeschränkungen kannten, obwohl sie wegen der persönlichen Note nicht unbedingt leichter zugänglich waren. Es handelte sich hierbei also mehr um Zweckgemeinschaften, die sich etwa einen bestimmten Markt teilten und zu Preisabsprachen fanden etc. Sie sind daher auch häufig bei den Händlern anzutreffen. Wichtiges Merkmal war also die persönliche Bekanntheit der Mitglieder untereinander. Die Sayosête regelten dagegen nicht nur den Zugang, sondern auch weitere Bereiche wie Ausbildung, Aufstieg, Eheschließungen, Versorgung von Witwen und Waisen bei Todesfällen, ja sogar die Besorgung von Beerdigungsfeierlichkeiten war organisiert. Die Sayosête waren allerdings auf die Stadt beschränkt, während es durchaus Lisîza gab, die Mitglieder auf dem Land besaßen, etwa beim Fernhandel zwischen der Satisanzia und den umliegenden Gebieten. Auch im Ausland, etwa auf den Inseln der Magier, hatten Lisîza ihre Mitglieder sitzen. Beim Handwerk waren die Mitglieder der Lisîza außerdem ausschließlich Meister. Die Zünfte wurden in der Regel von einem Ältestenrat oder einem Rat gewählter Meister regiert.

Da wir nur Nachrichten aus der Senimarga haben, läßt sich nicht verfolgen, wie sich das Zunftwesen auf die anderen Stämme ausbreitete. Während das Zunftwesen in der Satisanzia sich naturgemäß aus dem der Senimarga entwickelte, läßt sich zum Beispiel nicht feststellen, inwiefern die eigentlichen Fergiartu an der Bucht von Valyêkana bereits vor dem Eintritt ins Reich eigene Handwerkerorganisationen besaßen. Umso weniger wissen wir das für die Frühzeit der Marimarga. Erst aus dem Jahr 175 n.M. besitzen wir den ersten Hinweis auf einer der Lisîza vergleichbare Institution aus diesem Reich.
Dabei handelt es sich um den Brief eines Händlers in der Stadt Ganira bei den Inseln der Magier, der anscheinend auf einen Händler aus der Marimarga getroffen war. Ob und wie weit man von diesem Reich in Satisanzia wußte, läßt sich nicht genau feststellen. In dem Brief heißt es allerdings: "Ich unterhielt mich in der hiesigen Händlersprache mit dem Mann von der Küste im Osten. Er berichtete mir dabei von einer Vereinigung, der er angehörte und die ihn nach Ganira geschickt hatte. Da ihm das hiesige Wort nicht einfiel, benutzte er ein Wort, das wie unser lisenni klang. Ich frage mich, ob ich mich nicht verhört habe." Mit der Ausdehnung des Reiches wurden dann auch die Begriffe übernommen.

Von der Zeit, aus der Mokhephósos' Bericht stammt und dem oben erwähnten Zeugnis aus Ganira hatte der Handel einen großen Aufschwung genommen. Wenn wir um 150 v.M. auf das erste Zeugnis über die Fergiartuya, das aus den Städten der Finsternis stammt, von dem Mann namens Egrûna (Egaruwuna ) hören, daß er bereits drei Jahre hintereinander Stoffe aus der Senimarga in Quariyána umsetzt, so scheint sich in den hundertdreißig Jahren seit Mokhephósos bereits ein schwunghafter Handel entwickelt zu haben. Wenn wir dann an die sieben Tempel von Hakrivarg denken, die ab 165 v.M. gebaut werden, so muß sich auch das Stadtwesen in dieser Zeit stark entwickelt haben. Beide Entwicklungen müssen zusammen stattgefunden haben, denn eine reine Agrarbevölkerung hat wenig Interesse am Handel. Nun könnte man zwar einwenden, daß der Umstand, daß ein Händler bis nach Quariyána reisen muß, um seine Waren abzusetzen, gegen diese These spricht, doch stellt sich entgegengesetzt die Frage, wer die Stoffe produziert haben soll, die Egrûna in Quariyána umsetzt, wenn nicht die Städte mit ihrem Handwerk?

Allerdings besitzen wir aus der Zeit zwischen 250 und 150 v.M. wenig schriftliche Zeugnisse über den Handel und seine Ausmaße. Das mag mit der noch ungenügenden Reichweite der Zentralgewalt in Viargaka zusammenhängen, doch auch gegen eine solche These gibt es gewichtige Einwände. So wurde zum Beispiel der Ausbau der Hauptstadt auch mit königlichem Einkommen aus Handelssteuern finanziert; das jedenfalls berichtet ein Gesetz, das in der Kanzlei um 135 v.M. verzeichnet wurde. Darin heißt es unter anderem: "So sollen die Städte, deren Straßen von den Kriegern des Loinna von Banditen und herumlungernden Gesindel freigehalten werden, dem Loinna dafür einen gewissen Anteil ihrer Gewinne aus dem Handel abtreten, und zwar nach dem Satz, der vom Henêta dafür festgesetzt wurde."

Anscheinend patrouillierten Krieger des Königs ein Stück weit an den Straßen, über die der Handel in die Städte floß, um die Händler vor Banditen und Wegelagerern zu beschützen. Dafür bekam der König eine Abgabe, die noch vom Rat der Familienoberhäupter festgesetzt wurde. Man kann also in gewisser Weise von einer Handelsertragsteuer sprechen, die der König allerdings nicht beliebig hoch festsetzen konnte. Darüber hinaus dürften die Familienoberhäupter einen besseren Überblick über den tatsächlich in ihrem Gebiet stattfindenden Handel gehabt haben, als der Loinna und die Kanzlei. Wir besitzen aus der Kanzlei daher auch nur die Belege über die in die Staatskasse fließenden Gelder, nicht dagegen über das tatsächliche Handelsvolumen. Ferner verzeichnet die Kanzlei in der Zeit zwischen 170 und 150 v.M. die Entwicklung des Fernhandels, allerdings ohne daß wir feststellen könnten, wann diese Entwicklung begann. Alle was von der Kanzlei verzeichnet wird, kennzeichnet nur den Zeitpunkt, an dem eine Entwicklung, die schon viel länger gedauert haben mag, von den Schreibern festgestellt wird. Dennoch deutet der Umstand, das es gerade in der und der Zeit verzeichnet wird, auf wichtige Entwicklungen in einem gewissen Zeitraum hin. Auch das Auftauchen des Namens Egaruwuna in Quariyána am Ende dieses Zeitraums bestärkt diese Vermutung.

Ob die Händler sich bereits zu dieser Zeit in Lisîzu organisiert haben, ist nicht eindeutig zu belegen. Die Quellenlage kann diese Bezeichnung erst ab etwa 100 v.M. belegen. Auch dürfte die Bildung von derartigen Organisationsformen erst dann Sinn machen, wenn sich der Fernhandel schon ein Stück weit entwickelt hat. Wenn man davon ausgeht, daß es zunächst einzelne Pioniere waren, die den Mut hatten selbst den Handel über weite Strecken zu übernehmen, anstatt die Waren einfach weiterzuverkaufen, dann müssen diese sich zunächst einmal selbst um eine Regularisierung ihrer Handelsfahrten gekümmert haben. Schließlich wollten die fernen Märkte erst einmal erschlossen sein, bevor an einen regelmäßigen Fernhandel überhaupt zu denken war. Erst wenn genügend Händler gemerkt hatten, daß sich der Fernhandel lohnte, dürften sie auch Absprachen untereinander getroffen haben.

Beim Handel mit lokalen Märkten im Reich dürften sich den Gilden ähnliche Zusammenschlüsse schon etwas früher entwickelt haben. Vor allem profitstarke Märkte und Handelswaren (seien es Luxusgüter oder aufgrund ihrer Qualität und/oder ihres Volumens umkämpfte Waren), die eine größere Konzentration von Händlern hervorriefen, dürften derartige Organisationen begünstigt haben. Die Krisenzeit der Reiches brachte dann nur eine größere Dichte von Gilden und Zünften (nun vor allem auf
dem Handwerkermarkt) mit sich.

Über das gesellschaftliche Ansehen der Händler ist nur wenig bekannt. Gleiches gilt für die Handwerker. Generell dürfte ihr Ansehen vor allem in den Städten mit der Zeit gewachsen sein, da die agrarische Bevölkerung nur selten mit ihnen in Kontakt kam bzw. handwerkliche Aufgaben selbst erledigten. Der Handel dürfte in der Senimarga auch noch vorwiegend in den Städten abgelaufen sein. Die Bildung von bedeutenden Märkten auf dem Land wurde dann auch vor allem mit dem Bau der großen Reichsstraße ab dem Jahr 50 n.M. vorangetrieben. Nicht zu unterschätzen dürfte hier auch die Rolle der Nomaden, der
Linttru, sein, die auf ihrem Treck nach dem Überwintern in der Stadt Waren aus den Städten auf das Land brachten. Da sie nicht an sich bereits entwickelte Handelsrouten gebunden waren, konnten sie die erworbenen Waren auch in Gebiete tragen, die von den Händlern noch nicht erreicht wurden. Inwiefern sie die Waren weiter gegen agrarische Güter eintauschten, ist von daher allerdings noch nicht abschätzbar.

Da uns eindeutige Quellen aus dem Großteil der einzelnen Gebiete des Reiches fehlen, ist es schwer einzuschätzen, ab wann sich die Rolle von Kriegern und Bauern in der Senimarga auseinander zu differenzieren begann. Das dürfte zunächst vom jeweiligen Siedlungsgebiet abgehangen haben. In Gebieten mit geringerer Dichte konnten sich die Bauern auf die Feldarbeit konzentrieren und waren wahrscheinlich nur wenig als Krieger gefordert. Weil die Entwicklung der Senimarga ziemlich friedfertig ablief (s.u.), mußten sie ihre Höfe auch nur selten verteidigen. Mit größerer Nähe zur Siedlung, an der der Fürst ansässig war, wurden die Bauern von diesem auch als Krieger in die Pflicht genommen. Erst mit zunehmender Siedlungsdauer dürfte sich dann eine Aufteilung herausgebildet haben. Aus der Kanzlei wissen wir, daß sich der Loinna der Erdulînu eine persönliche Wache hielt, wie auch Mokhephósos' "stolzierende" Krieger belegen. Diese Palastwache rekrutierte sich aus den in der Nähe von Viargaka lebenden Bauern, die turnusgemäß etwa alle zwei Monate beim Palast Dienst tun mußten. Ihre Stärke dürfte zweihundert Krieger in Friedenszeiten nicht übertroffen haben.

Aus der Frühzeit ist wenig über den Aufstieg einzelner Familien bekannt; wir besitzen zum Beispiel keine schriftlichen Quellen darüber, ob und welche Familien das Land anderer erwerben konnten, sich also Großgrundbesitzer oder ähnliches herausbildeten, die sich dann mit steigendem Reichtum ein reines Leben als Krieger leisten konnten. Sicherlich trugen Mißernten zu derartigen Konzentrationen von Landbesitz mit bei. Kriegerische Aktivitäten zwischen den großen Stämmen sind vor der Krisenzeit der Senimarga nicht bekannt. Allerdings scheinen durchaus einzelne Kämpfe um Land- und Ackerbesitz stattgefunden zu haben, wie schon das Gesetz über Kämpfe zwischen alt- und neu-ansässigen Fergiartuya zeigen. Die Kanzlei versuchte solche Auseinandersetzungen in Verhandlungen zwischen den Fürsten bzw. im Henêta zu überführen, wie verschiedene Erlasse aus der Zeit zwischen 125 und 95 zeigen. Mit dem Einsatz der
Thronstreitigkeiten war hier dann mehr die militärische Macht der betroffenen Seiten gefragt, als daß Vermittlungsversuche noch etwas ausrichten konnten.

Die Größe eines Hofes hing vor allem auf dem "flachen" Land auch von der Größe der Familie ab, die ihn bewirtschaftete. Aus späteren Erlassen aus der Kanzlei (erstmals um 120 v.M.), die sich mit Erbstreitigkeiten befassen, wissen wir daß es durchaus auch mehrere Familien gab, die sich - vor allem in Gebieten geringerer Siedlungsdichte - um die Bewirtschaftung eines größeren Hofes kümmerten. Aus Ausgrabungen sind auch Dorfformen bekannt, bei denen sich die Wohnhäuser um große Wirtschaftsräume (Schuppen, Ställe und Silos) herum gruppierten und die Äcker die so gebildete Siedlung umgaben. Diese Art der Siedlung scheint vor allem bei den nördlichen Erdulînu verbreitet gewesen zu sein. Andere Siedlungen wiederum sind einfach Ansammlungen von Höfen mit Ackerland. In Zeiten des Friedens gab es hier wenig Anlaß, anderen ihr Stück Land wegzunehmen. Fürsten und Familien mit großem Nachwuchs konnten es sich in der Frühzeit auch noch leisten, so viel Land zu bewirtschaften, wie es die Personalstärke und der Reichtum zuließen.

Überhaupt scheint die Senimarga vor den Thronstreitigkeiten ziemlich stabil gewesen zu sein, so daß sich vor allem die Entwicklung der Städte beschleunigte. Auch die Blütezeit des Reiches zwischen 150 und 100 v.M., läßt sich vor allem in den Städten nachweisen. Während die Schlacht von Salbar erstmals wieder eine Ausdehnung des Reiches brachte, entstanden in der Hauptstadt aus den von der Kanzlei angelernten fergiartischen Schreibern die ersten literarischen Zeugnisse der Fergiartuya, wenn diese auch in der Sprache von Fremden aufgezeichnet wurden, nämlich dem auf den Inseln der Magier weit verbreiteten Alatarischen (bedingt eben durch die Vorherrschaft der Stadt Alataris). Die sogenannte "Literatur der Schreiber" (Kettoiza Kevitrun) zeichnete verschiedene Volkssagen auf, wobei erdulînisches Kulturgut dominiert haben dürfte. Erst im zweiten Jahrhundert nach Meyapotina wurden diese Zeugnisse teilweise in die Hochsprache übersetzt.

Zwischen 150 und 125 v.M. fand in
Hakrivarg der Bau der sieben Tempel statt. Es ist nicht ganz sicher, warum es gerade hier zum Entstehen des religiösen Zentrums des Landes kam. Allerdings verzeichnete die Kanzlei im Jahre 185 v.M. die Schenkung eines großen Landstücks bei Hakrivarg an die "Priester von Ketorimis", wo bereits zwischen 200 und ca. 195 der Bau eines großen Tempels stattgefunden hatte. Im Unterschied zur Frühform des Tempels, die sich aus einem quadratischen Grundteil und einem Aufsatz aus Quader und kegelförmiger Spitze zusammengesetzt hatte, war bei diesem Tempel die Grundform schon rechteckiger, wenn auch weiterhin nur mit einem Aufbau versehen. Der Tempel Erammas in Hakrivarg dagegen bestand schon aus dem rechteckigen Grundquader, dem dachartig aufgesetzten Übergangsteil und drei Aufsätzen aus Rechteck mit Fase und kegelförmigem Spitze. Zur Zeit der Satisanzia wurde dann der Säulengang mit dem Tor angefügt. Die anderen sechs Tempel waren kleiner, folgten aber der Konstruktionsform des Haupttempels. Mit der Zeit wurden dann auf dem riesigen Komplex Wohnhäuser, Bibliotheken, Bäder und andere Bauten errichtet.

Auch die Hauptstadt wurde zwischen 150 und 100 v.M. ausgebaut. Der Palast wurde durch größere Stallungen und Truppenunterkünfte erweitert und das Hauptgebäude mit einem neuen Dach sowie einem großen Turmanbau versehen. Der Vorplatz des Palastes wurde mit Mauer und Tor umgeben und der vorher noch unbefestigte Marktplatz wurde ebenfalls mit einem Pflaster aus Bruchstein versehen. In der Mitte wurde eine große Markthalle errichtet, die nach alatarischem Vorbild offen war und aus einem Säulengang bestand, auf den eine luftige Halle gesetzt wurde. Jenseits des Palastes wurde eine Versammlungshalle für den Fürstenrat gebaut, offensichtlich von demselben Baumeister von den Inseln der Magier, der auch für die große Markthalle zuständig war. Zu Anfang schien die Innenausstattung noch mit Holztischen und -stühlen ergänzt worden zu sein; erst später (wahrscheinlich im zweiten Jahrhundert n.M.) kamen der marmorne Tisch für die Kanzleischreiber und der Thronaufbau des Königs hinzu. Der Säulenumgang, der den Versammlungsort in der etwas tiefer liegenden Mitte umgab, stammt jedoch schon vom ursprünglichen Baumeister. Etwa um 75 v.M. wurde eine Fluchttür für den König eingebaut; Ergebnis der Thronstreitigkeiten.

In dieser Zeit wurde dann auch verstärkt mit dem Bau von steinernen Häusern begonnen. Hier beginnt sich dann der wachsende Reichtum mancher Bewohner bemerkbar zu machen. Waren die Häuser zur Zeit Mokhephósos' hundert Jahre vorher noch rechteckige Gebäude mit "einem mäßig hohen, spitz zulaufenden Dach" wie die Zelte waren, so beginnt sich jetzt der Hausbau um einen zentralen Hof herum zu gruppieren. Jedenfalls deuten zwei ausgegrabene Kaufmannshäuser aus dieser Zeit darauf hin. Bei dem einen der Häuser, das nahe des Palastes lag, öffnete sich ein Hof mit Mauer und Tor zur Straße hin, mit dem rechteckigen Haus auf der entgegengesetzten Längsseite. Der von Haus und Mauer umfaßte Hof maß in etwa fünfzehn mal zehn Meter.

Das zweite Haus war größer und von einem zweiten, weniger hohen Gebäude flankiert; wohl eine Lagerhalle für Waren. Daran schloß sich die Mauer, die noch ein Stück weit ins Freie reichte, bevor sie in die Längs- und die zum Haus führende Quermauer mündete. Der Torbau befand sich hier in der Quermauer. Das Haus selbst war zweistöckig mit einem Spitzdach. Im Inneren fand sich eine über beide Stockwerke führende Eingangshalle, an die sich im Erdgeschoß Eßzimmer, Küche, eine Art Aufenthaltszimmer und die Kammern des Gesindes anschlossen. Im Obergeschoß befanden sich, wie aus späteren Bauten zu schließen ist, die Schlafzimmer der Familie, eine Bibliothek oder ein Arbeitszimmer sowie ein oder zwei weitere Zimmer zur Aufbewahrung von Sachen, bei reichen Leuten oft auch eine Art Ankleidezimmer für die Frau. Waschgelegenheiten scheinen in der Frühzeit noch selten ins Haus integriert gewesen zu sein. Abwasseranlagen entwickelten sich wahrscheinlich erst nach der Thronbesteigung Meyapotinas. Allerdings gilt festzuhalten, daß diese Art des Hauses erst in späterer Zeit häufiger zu belegen ist. Man muß weiterhin für die Zeit der späten Senimarga mit einfachen Häusern mit nur einem Stockwerk und wenigen Zimmern, gebaut aus Holz oder Stein (oder aus "Mischmauerwerk", wie es Mokhephósos berichtet), sowie mit Zelten rechnen. Allerdings scheint man darum bemüht gewesen zu sein, Zelte aus dem Zentrum zu verbannen.

Als sich beim Tod König Gresavûkyas die Mitglieder des Henêta nicht auf einen Nachfolger einigen konnten, begann der Niedergang des ersten Reiches. Zu dieser Zeit hatte sich die Macht des Königs noch nicht so weit entwickelt, daß sich die erbliche Thronfolge schon ganz gegen das Wahlkönigtum hatte durchsetzen können. Zwar hatte in der Vergangenheit oft der erbliche Thronfolger die Billigung der Familienoberhäupter erhalten, doch war das beileibe nicht die Regel. Warum kam es aber gerade jetzt zu der Krise?

Mehrere Faktoren sind hierfür in Betracht zu ziehen. Zum einen hatte es in den Jahren 85 und 82 v.M. besonders im Süden Mißernten gegeben. Zum anderen war der Thronfolger Ragibrauvi geistig etwas zurückgeblieben. Dennoch hielten gerade die Vertreter der nördlichen Familien hier an der Tendenz fest, die Erbfolge zu betonen. Ragibrauvi war der älteste der drei Söhne Gresavûkyas. Der Jüngste, Treyosêse, war noch nicht erwachsen und schied daher aus. Der mittlere der Brüder, Salus, hatte dagegen nur wenige Anhänger, da er ein wenig ein Einzelgänger war. Dabei war er überaus gelehrt und wäre kein schlechter Thronfolger gewesen. Doch das Dilemma bestand darin, daß vor allem die militärisch erfolgreichen Fürsten des Südens einen Neffen des gestorbenen Königs, den ebenfalls kriegerisch gesinnten Hvidosasha bevorzugten. Allerdings waren seine Befürworter in der Minderheit. Die Streitigkeiten setzten jedoch nicht erst mit dem Tod Gresavûkyas im Jahre 78 v.M. ein, sondern bereits zwei Jahre vorher, als sich der Gesundheitszustand des alten Herrschers zu verschlechtern begann. Nach seinem Tod konnten sich die Mitglieder des Henêta zunächst nicht einigen, Ragibrauvi konnte aber zumindest vorübergehend die Staatsgeschäfte führen. Mit Hilfe seiner Mutter und eines Onkels konnte Ragibrauvi diese Zeit jedoch nutzen, die Unterstützung für seinen Thronanspruch zu stärken. So erließ er 77 v.M. ein Gesetz, das den Handel stärken sollte, indem in den Städten Lagerhallen errichtet wurden, in denen Händler kostenlos ihre Waren zwischenlagern konnten. Die Mittel der Zentralgewalt reichten damals allerdings noch nicht aus, so daß dem Gesetz wenig Erfolg beschert war. Dennoch sicherte diese Maßnahme dem Thronfolger Sympathien. Auch ließ Ragibrauvi die Straßen in den hauptsächlich von den Erdulînu bewohnten Städten ausbauen. Er bemühte sich aber durchaus auch um die südlichen Gegenden, indem er Nahrungsmittel in die von den Mißernten betroffenen Gebiete bringen ließ.

Während besonders der politisch geschickte Onkel Ragibrauvis Thronanspruch stärken konnte, war Hvidosasha zu zögerlich. Eigentlich trieb es ihn gar nicht dazu, die Herrschaft im Reich zu übernehmen. ‚Er jagte gern [...] und übte sich im Waffenhandwerk und mit seinem
Streitwagen', wie eine Chronik aus dem dritten Jahrhundert n.M. zu berichten weiß. Wenn die Quellenlage auch dürftig ist, so scheint Hvidosasha wenig dazu getan zu haben, seinen Anspruch auf den Thron zu untermauern. In der bereits erwähnten Chronik stellt er so etwas wie einen tragischen Held dar, der zwischen den Wünschen der Südfürsten und den Ansprüchen der Familie hin- und hergerissen, seine Zeit mit Vergnügungen vertreibt und gar nicht merkt, wie sich über seinem Kopf das Unheil zusammenbraut. Die Kanzlei verzeichnet immerhin in einer Randnotiz ein großes Fest, das Hvidosasha anläßlich seines Geburtstages in Viargaka ausrichtet. Zwanzig Lämmer und Kälber habe er schlachten lassen, tüchtig Wein aus den Küstenregionen aufgefahren und seinem Cousin eine ‚Brosche aus der Kunstschmiede von Remayêka' geschenkt.

73 v.M. ist es dann soweit; die Gegner Hvidosashas schreiten zur Tat. Als Hvidosasha wieder einmal zur Jagd reitet, lauern ihm einige Verschwörer im Wald auf und ermorden ihn durch einen Pfeil aus dem Hinterhalt. Obwohl Ragibrauvi sich sofort von der Tat distanziert, ist der Schaden angerichtet. Als er im nächsten Frühjahr zum Loinna ernannt wird, bleiben die Südfürsten der Krönung fern. Wenn es in der Folgezeit auch nicht zum Krieg kommt, so werden doch alle Boten des Königs unverrichteter Dinge zurückgeschickt. Schließlich sagen sich nach den Quellen aus der Kanzlei acht Fürsten vom Reich los. Wie mächtig diese "Fürsten" im einzelnen waren, ist aus der Quellenlage ebensowenig abzulesen, wie die Frage nach der dahinter stehenden Ratio. Was macht diese Männer zu Fürsten und wen beherrschen sie? Gab es tatsächlich acht Stämme? Handelte es sich um Familienoberhäupter mit einem gewissen Einzugsbereich? Wir wissen es nicht. Aber durch ihre Ernennung zu Loinna im Zuge der
Reichsreform durch Meyapotina erhielten sie schließlich ihre Sanktion. Ob die im Zuge der Reichsausdehnung zwischen 175 und 150 v.M. eroberten Gebiete auch von kleineren fergiartischen Stämmen bewohnt waren oder ob sie erst später dahin gewandert sind, ist ja ebenso wenig bekannt. Ihre Legitimation holen sich diese Fürsten auch später noch bei Meyapotina; es gibt nur wenige Aussagen über andere Ursprünge. Ein aus dem Stamm der Gusalante stammender Loinna des dritten Jahrhunderts leitet seine Würde auch aus der Ehrwürdigkeit dieses Stammes und seiner Familie in ihr her, doch ist dies weder beleg- noch widerlegbar. Zudem ist dies ein Einzelfall.

In den nächsten dreißig Jahren (also bis ca. 40 v.M.) kam es in den Grenzgebieten zwischen der nördlichen und der südlichen Senimarga immer wieder zu Grenzkonflikten. Nördliche und südliche Truppen lieferten sich immer wieder kurze Gefechte, Höfe wurden überfallen, Vieh gestohlen und Handelskonvois ausgeraubt. Mitunter bemühte sich der Norden auch um Verhandlungen, doch die Südfürsten wichen der Einigung aus.

Im intakten Bereich der Senimarga fanden in dieser Zeit dagegen durchaus Maßnahmen zum inneren Ausbau des Reiches statt. Ragibrauvi bzw. seine Berater bemühten sich so etwa um den Ausbau der Straßen, die Förderung des Handels, aber auch die militärische Festigung des Reiches.
So wurden ab 65 v.M. erste feste Garnisionen in den großen Städten Viargaka, Ketorimis und Katraknêta errichtet, in denen einem Turnus von zwei Jahren folgend in der Umgebung der Städte und in den Städten selbst ausgehobene Truppen stationiert wurden. Ein eigenes Berufskriegertum wurde dadurch aber noch nicht geschaffen, die Garnisionen dienten vielmehr der Ausbildung einer Schar im Kriegshandwerk geübter Männer, auf die man im Notfall zurückgreifen kann. Allerdings wurde die Palastwache in Viargaka erweitert und zu einer stehenden Truppe umgewandelt. Finanziert wurde dies zum einen durch das Vermögen des Loinna, zum anderen Teil durch ab 55 eigens erhobene, moderate Steuern.

Mit Ragibrauvis Tod im Jahre 45 v.M. wurde Salus Loinna. Schon in seiner Jugend ein nachdenklicher, eher dem Wissenserwerb zugeneigter Mensch, überließ Salus lieber dem Onkel und der Mutter die Staatsgeschäfte. Beide machten auch durchaus eine gute Arbeit, doch Salus wurde nie richtig in die Staatsgeschäfte eingeführt. Das sollte sich als problematisch erweisen, da die beiden Regenten gerade in dieser Zeit einige Neuerungen der Reichsverfassung einzuführen versuchen. Besonders die Verwaltung versuchte man damals zu erweitern, um die Struktur des Reiches zu festigen. Dabei kam man durchaus schon zu ähnlichen Ansätzen, wie sie später von
Meyapotina entwickelt wurden. Doch die Zeit dafür schien noch nicht reif. Auch der Umstand, daß die Regenten ein wenig versuchten, den Henêta aus der Entscheidungsgewalt zu drängen, wurde bei den Familien- und Stammesoberhäuptern nicht gerade günstig aufgenommen.

Doch als dann 40 v.M. zunächst die Mutter von Salus und 37 auch der Onkel starben, war der Loinna nicht darauf vorbereitet, die Staatsgeschäfte zu übernehmen. Der Henêta gewann wieder an Einfluß, aber ohne eine zusammenfassende Gewalt, ohne ein die Richtung vorgebendes Oberhaupt kam es bald zu Unstimmigkeiten zwischen den Mitgliedern des Rates. Die Südfürsten witterten ihre Chance und begannen nun ernsthaft, gegen die Zentralgewalt
Krieg zu führen. Dabei handelte es sich aber - durchaus zum Glück für den Norden - nicht um einen reinen Eroberungskrieg. Die Südfürsten agierten auch nicht zusammen, sondern jeder von ihnen versuchte sich auf Kosten der Nachbarn im Norden zu bereichern. Der Umstand, daß Salus auch im Kriegsfall nicht seine Herrscherrolle ausfüllen konnte oder wollte, schwächte das Vertrauen der Menschen in die Zentralgewalt noch weiter: Streitigkeiten im Henêta, Bedrohung durch äußere Feinde und noch immer reagierte der Loinna nicht? Die Ohnmacht der Zentralgewalt führte dazu, daß sich das soziale Gefüge verschob. Auf der einen Seite wurden die Städte unabhängiger, ihre Bewohner rückten näher zusammen und besonders die Gilden und Zünfte konnten sich politische Befugnisse schaffen bzw. aneignen. Auf der anderen Seite versuchten die Stärkeren sich zukosten der Schwächeren zu bereichern, Familien mit genügend wehrfähigen Männern konnten es sich nun leisten, anderen das Land wegzunehmen oder sie zumindest von sich abhängig zu machen. In einem zwar begrenzten Rahmen begann sich eine Art
Klientelsystem zu etablieren. Ein mächtigerer Landbesitzer bedrohte einen Schwächeren und anstatt ihm sein Land zu nehmen und die Familie zu ermorden, ließ er ihm Land und Leben gegen eine jährliche Abgabe an Geld oder Naturalien. Dieses, Gasatraya genannte System (von gasatra, Klient, Schuldner) bestand vor allem in dem Gebiet zwischen Egarsa und der Küste des Südmeeres. Dabei hatte der Klient meistens volle Verfügungsgewalt über seinen Besitz und seine Familie, konnte seinen Besitz also durchaus auch weitervererben. Allerdings waren damit alle seine Nachkommen Gasatra des Poti und mußten ihm Abgaben leisten. Im Norden, wo das Gebiet damals noch nicht so dicht besiedelt war, lebten die Familien weit genug auseinander, als daß ein derartiges System entstehen konnte.

Als Salus im Jahr 22 v.M. starb und sein Sohn Rasokapa an die Macht kam, hatte sich das System schon so weit verfestigt, daß eine Änderung gar nicht mehr zur Debatte stand. Dieser Loinna war nun wieder zwar in der Lage, die Regierungsgeschäfte zu führen, doch er hatte genug damit zu tun, die aggressiven Südfürsten zu bekämpfen, als daß er sich groß um andere Dinge kümmern konnte. Zumindest gelang es ihm, den Streitigkeiten im Henêta ein Ende zu setzen; und zwar auch durch militärische Maßnahmen. Vier oder fünf Mitglieder des Rates bekamen den Zorn des Herrschers persönlich zu spüren. Ihr Land wurde unter den Söhnen und Schwiegersöhnen verteilt, die Männer unter Hofarrest gestellt.

Die sich in den Städten entwickelnden politischen Gremien wurden von der Regierung im Nachhinein legitimiert. Im Zuge der meyapotinischen Verwaltungsreform wurden ihnen zwar später
Vertreter der Loinnu und zum Teil der Sarannu an die Seite gestellt, doch ihre Rolle in den Provinzen war seit der Spätzeit des ersten Königreiches gesichert. Es gab in der Herrschaftszeit Rasokapas auch wieder Ansätze den Handel zu stärken, doch der ab 10 v.M. ausbrechende Bürgerkrieg machte diesen Versuchen ein Ende.

Überhaupt war die Herrschaftszeit Rasokapas für das Reich nur eine Verschnaufpause. Die Streitigkeiten im Thronrat waren zwar geschlichtet, doch unter der Oberfläche kochten die Konflikte weiterhin. Auch die Stammesfürsten verloren einen Teil ihres Einflusses in den Stämmen. In ihrem direkten Einzugsgebiet galt ihre Autorität weiterhin unbeschränkt, doch je weiter man an die Peripherie kam, desto größer wurde der Einfluß lokaler Größen. Vor allem die agrarischen Strukturen veränderten sich. Mit der Größe des Landbesitzes wuchs die Macht. Nur der Norden blieb von dieser Veränderung unbeeinflußt; jedenfalls direkt. Indirekt wurde er durch den Bürgerkrieg ab 10 v.M. dadurch beeinflußt, als aus ihrem Besitz vertriebene Bauern sich in der nördlichen Ebene neue Ackerflächen suchten und mehr Land unter den Pflug genommen wurde.

Die Ehe Rasokapas mit einer Tochter des Loinna der Gusalante blieb kinderlos und als Rasokapa im Jahre 10 v.M. starb, war kein Thronfolger in Sicht. Auch die Erdulînu hatten mit seinem Tod ja keinen Thronfolger mehr. Die Streitigkeiten im Henêta aus der Zeit vor Rasokapas Herrschaft verhinderten, daß man sich über einen Nachfolger einigen konnte. Dennoch gab es drei Prätendeten: da war zunächst der Fürst der Gusalante, des kleinsten der drei großen Stämme. Um die Herrschaft der Erdulînu stritten sich Rasokapas Freund Nerêka und der Urenkel eines früheren Herrschers, Gelisasha. Die Trennungslinie lief mitten durch den Stamm; eine dritte, unabhängige Partei, scharte sich um einen der südlichen Großgrundbesitzer, die vom Gasatraya profitierten. Die vier Parteien begannen sich zu bekriegen. Und die Südfürsten mischten sich dann auch wieder ein. Einzelne Städte versuchten sich aus dem Bürgerkrieg herauszuhalten und wurden somit widerwillig ebenfalls zu einer neuen Partei. Scharmützel und Grenzkämpfe entwickelten sich, Überfälle waren an der Tagesordnung.

Als sich dann ab 8 v.M. auch
Meyapotina in den Kampf einmischte, war keiner da, der ihm eine vereinte Strategie hätte entgegensetzen können. Somit war sein Sieg in gewisser Weise vorprogrammiert, da er die einzige Partei in dem Bürgerkrieg darstellte, die eine einheitliche Strategie aufwies. Zwar darf bezweifelt werden, daß Meyapotina zunächst nach der Krone der Senimarga greifen wollte, doch als er merkte, daß man ihm keinen organisierten Widerstand entgegensetzen konnte, dürfte sein Appetit auf mehr geweckt worden sein. Für die Bevölkerung der Senimarga war der Bürgerkrieg aber unzweifelbar eine große Belastung und der Sieg Meyapotinas dürfte von ihr großteils begrüßt worden sein.